Unser Gastautor André Claaßen hat kürzlich an einem New Work Salon in Düsseldorf teilgenommen. An jenem Abend ging es hoch über den Dächern der Stadt um Silos in Unternehmen – hier ist sein Erfahrungsbericht.
Jetzt war ich zum zweiten Mal zu Gast in Ingas New Work Salon. Und es war wieder mal ein wunderbarer und erkenntnisreicher Abend. Aber bevor ich starte: Was ist so ein New Work Salon eigentlich und warum solltest du teilnehmen? Für mich ist der Salon ein schöner Ort der Inspiration und Begegnung. Und zwar die Begegnung mit sehr unterschiedlichen Menschen aus anderen Bezügen und die Inspiration, dass in kurzer Zeit ganz viele Impulse und Ideen gesammelt werden können.
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Beim ersten Mal war ich zu Gast bei der Firma Migosens GmbH in Mülheim und dieses Mal genoss ich einen atemberaubenden Blick auf die Stadt Düsseldorf direkt aus dem Sparkassen-Finanzportal. Die Gastgeber und Impulsgeber des Abends waren neben Inga Höltmann Florian Blaschke und Rouven Kasten. Übrigens, das Sparkassen Finanzportal war mir zuvor völlig unbekannt – es ist eine richtig innovative Agentur für Kommunikation und Digitalisierung der Sparkassen.
Silos gibt es überall – und sie haben viele Gesichter
Das Thema des Abends war: „Wie können wir die Silos in Organisationen aufbrechen?“ Und natürlich stand zuvor auch die Frage im Raum: Wie kommt es überhaupt zu Silos? Warum haben wir eigentlich so große Mühe mit dem Ausbrechen aus den Silos? Und wie können wir sie im Arbeitsalltag dauerhaft hinter uns lassen? Ich teile Ingas Festellung uneingeschränkt: „Ich stelle immer wieder fest, dass in meinen Workshops, Diskussionen und Seminaren zum Thema New Work alle begeistert sind und es mir gelingt, die Menschen abzuholen – aber das Übersetzen und Umsetzen in die reale Arbeitswirklichkeit, das fällt vielen Menschen in ihren Bezügen oft sehr schwer.“
Deshalb ging es auch darum an dem Abend: Wie können wirksame Lösungen aussehen? Welche Faktoren helfen den Menschen, ihr gewonnenes Wissen in erlebte und echte Erfahrung umzumünzen?
Der Abend begann mit dem Austausch von Erfahrungen. Ich fand dabei den Blick in die Branche des Journalismus sehr spannend. Rouven, Inga und Florian berichteten über drei sehr klassische und äußerst stabile Silos im Journalismus: Print, Online und Vertrieb. Das spannende für mich war, dass es tatsächlich viele Journalisten zu geben scheint, die verdrängen, wer die beiden Kunden im Journalismus sind: Es ist eben nicht allein der Käufer am Kiosk oder der Zeitungsabonnent, sondern es ist auch immer der Anzeigenkunde.
Die Silos funktionieren in etwa so:
- Der Print-Journalist ist der Künstler und Herr des Wortes,
- der Online-Journalist ist ein Journalist niederer Klasse,
- und der Vertrieb wird wahnsinnig, wenn die geschriebenen Texte für das Anzeigengeschäft kaum vermittelbar sind.
Als Informatiker kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass die Gräben zwischen Produktmanagement, Marketing und IT ähnlich tief sein können.
Gemütlich in den Silos eingerichtet
Natürlich sind Silos in Organisationen weder wunderbar noch unersetzlich, aber dennoch muss die Frage gestattet sein, warum wir so zahlreich in Silos arbeiten und es uns sogar gemütlich in den künstlich gezogenen Grenzen einrichten?
Das sage ich ganz ohne Kritik und Häme, denn Silos haben doch ihre sehr angenehmen Seiten. Das war auch die erste Frage, die Inga und die Gastgeber im Salon diskutierten: Welche Gründe gibt es für Silos?
Nach kurzer Zeit standen folgende Punkte auf der Liste:
- Bestätigung der eigenen Kompetenzen
- Sicherheit
- Ordnung
- Struktur und Überschaubarkeit
- Effizienz / Routine / Einfache Kommunikation
- Robustheit
Ich würde noch ergänzend hinzufügen, dass Silos in sehr starken hierarchischen Organisationen auch hervorragende Karrierepfade sind. Der klassische Karrierepfad funktioniert zumindest in Deutschland sehr gut über Spezialisierung und Personalverantwortung. Beides funktioniert auch in den Grenzen der Silos wunderbar.
Ängste spielen oftmals eine Rolle
Wie können wir die Silos verlassen? Was hindert uns, die Silos aufzubrechen? Dazu wurden an diesem Abend von den Teilnehmern eine Reihe von Fragen gesammelt und in kleinen Gruppen gemeinsam gearbeitet.
- Was können Führungskräfte zum Abbau von Silos leisten?
- Wie kann ich von der Basis die Silos aufbrechen?
- Auch die betriebswirtschaftliche Frage muss erlaubt sein: Ist der Verlust der Arbeitsteilung von Silos überhaupt wirtschaftlich darstellbar?
- Der Elefant im Raum war auch dabei: Wie können wir die Ängste auflösen, die uns daran hindern, die Silos zu verlassen?
Ja, die Angst ist auch mein Thema und daher habe ich mich sehr gerne an diesem Thema beteiligt. Wie können die Ängste zur Zusammenarbeit über Abteilungen bis hin zu den Nutzern und Kunden abgebaut werden? Was hilft denn jetzt wirklich? Nach der gemeinsamen Diskussion haben wir in Kleingruppen bestimmte Fragestellungen vertieft. Ich war in einer tollen Gruppe mit Frauen, die in den Bereichen Personal und Kommunikation arbeiten, und einem sehr engagierten Mitarbeiter der Verwaltung, der die Digitalisierung der Kölner Museen verantwortet.
Wie können wir die Ängste auflösen oder nehmen? Ich möchte hier auf die für mich wichtigsten Punkte zu sprechen kommen:
- Achtsamkeit und Freude
Ich gehöre auch zu den Menschen die sagen, die wirksamste Veränderung beginnt bei einem selbst. Und ich war sehr überrascht und froh zu sehen, dass die Karten „Achtsamkeit“ und Freude sehr schnell auf den Tisch gebracht wurden. Achtsamkeit, Stimmung und auch Meditation sind sehr wirkungsvolle Gefährten auf dem Weg der Veränderung. Und warum sollen wir uns nicht ein wenig mehr freuen. - Beteiligung und ab ins „Boot“
Das Thema Beteiligung liegt auf der Hand. Und kaum lag die Karte auf dem Tisch, sprachen wir über die bekannten Floskeln: „Wir müssen die Mitarbeiter mitnehmen, wir müssen Sie ins Boot holen“. Echte Beteiligung funktioniert anders. Sie ist immer ein Angebot, dass auch abgelehnt werden kann. Sie ist aber unabdingbar und wichtig. In unserem Symbolbild war die Beteiligung die Brücke zwischen den Möglichkeiten und der Umsetzung. Erstaunlich, was so in 10 Minuten erarbeitet werden kann. - Spielregeln und Rituale
Ein wichtiger Punkt, um die Silos zu verlassen sind Rituale und Spielregeln. Warum nicht einfach regelmäßig zu einem Abteilungscafé einladen, zu dem jeder gerne kommen kann? Und überhaupt, warum können wir nicht insgesamt die Veränderung auch spielerisch angehen? Ausprobieren, Experimentieren und Lernen? Das Spiel ist der Ort der Begegnung. Damit das aber im Arbeitsalltag und im Korsett der Organisationen und Konzerne möglich ist, helfen vielleicht ein paar Spielregeln. Und Rituale und Gewohnheiten sind mächtige Werkzeuge der Veränderung. Auch Mikrogewohnheiten wie zum Beispiel jeden Tag zwei Kolleginnen und Kollegen außerhalb des Silos etwas Nettes sagen. - Glaubenssätze, Selbstführung und Verantwortlichkeit
Veränderung beginnt bei einem selbst. Das ist meine Meinung. Und der von mir sehr geschätzte Marcus Raitner sagt gerne: Führung ist so wertvoll, dass man diese den Führungskräften nicht selbst überlassen sollte. Daher ist eigentlich jeder Mitarbeiter Führungskraft. Gute Führungskräfte wissen das. Die besten Führungskräfte gehen so weit, dass sie stolz sind, dass sie kaum noch selbst entscheiden.
Silos aufbrechen ist auch eine Führungsfrage
Für das Aufbrechen der Silos ist das eine gute Botschaft: Brecht die alten Glaubenssätze auf, steht auf und macht! Geht raus in die Welt, verlasst bewusst eure gewohnten Umfelder und kehrt gerne wieder dahin zurück. Jedes Silo hat Fenster, Türen und Portale.
Benutzen wir sie.
Mein Fazit: Schafft weitere Salons dieser Art!
Ich mag den New Work Salon von Inga! Und ich mag auch die Idee, dass jedes Unternehmen selbst solche kleinen New Work Salons hat – also konkrete Orte der Veränderung. Ein eigener Ort der Begegnung und Inspiration! Ein Ort, an dem es schön, bequem und anders ist und wo jeder gerne eingeladen ist. Für mich war auch das eine Erkenntnis, die ich aus dem Abend aus Düsseldorf mitnehme.
Danke Inga!
André Claaßen ist Agile Business Coach aus Leidenschaft. Der studierte Informatiker hat mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Digitalisierung, IT-Projekten und in der Verwaltungswirtschaft. In den letzten Jahren spezialisierte er sich auf die Themenbereiche Agile Leadership und Digitale Transformation von Organisationen. André Claaßen sieht in der Digitalisierung auch ein gesellschaftliches Thema und eine Chance zu mehr Kooperation, Zusammenarbeit und Vernetzung.
Mehr Informationen über André Claaßen und seine Arbeit gibt es hier: https://andreclaassen.de/.